5 x D und Herkunftskennzeichnung beim Fleisch, aber wer finanziert es? (2024)

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© stock.adobe.com/nalinne jones/EyeEm Wie könnte eine Herkunftskennzeichung aussehen und was muss als nächstes passieren? Das wurde auf dem DBV-Fachforum diskutiert.

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Martina Hungerkamp, agrarheute am Dienstag, 25.01.2022 - 17:37 (Jetzt kommentieren)

Der Deutsche Bauernverband (DBV) sieht eine verpflichtende Haltungs- und Herkunftskennzeichnung als entscheidend für die Weiterentwicklung der Tierhaltung an. Im Rahmen der digitalen Grünen Woche wurde das Thema in einem Fachforum diskutiert.

Trotzdem in Deutschland schon seit vielen Jahren über das Thema einer verpflichtenden Haltungs- und Herstellungskennzeichnung diskutiert wird, ist lange Zeit wenig passiert. Nur die an der Initiative Tierwohl beteiligten Lebensmitteleinzelhändler haben seit April 2019 eine vierstufige Haltungsformkennzeichnung für Fleischerzeugnisse eingeführt.

Zudem bekennen sich laut DBV seit dem Sommer 2020 immer mehr Lebensmitteleinzelhändler bei Schweinefleisch zur sogenannten 5 x D-Herkunft (= geboren, aufgezogen, gemästet, geschlachtet und verarbeitet in Deutschland). Von staatlicher Seite sei man hingegen nur bei der Haltungsformkennzeichnung tätig geworden, aber über einen Gesetzesentwurf nicht hinausgekommen.

Das Fachforum des DBV beleuchtete im Rahmen der digitalen Grünen Woche heute (25. Januar 2022) Erfahrungen aber auch die notwendigen Eckpunkte für eine verpflichtende Haltungs- und Herkunftskennzeichnung. Sie diene als Unterstützung für eine zukunftsfähige Tierhaltung.

Tierhalter, die aussteigen, kommen nicht zurück

Das größte Problem sieht Hubertus Beringmeier, Präsident des Westfälisch-Lippischer Bauernverband und Vorsitzender des DBV-Fachausschusses Schweinefleisch, darin, dass landwirtschaftliche Betriebe, die einmal aus der Veredlung ausgestiegen sind, in der Regel nicht zurückkommen. Deshalb bedürfe es Lösungen, mit denen Landwirtinnen und Landwirte realistische Perspektiven aufgezeigt würden. Nur so könnten sie den Weg hin zu höheren Tierwohlstandards mitgehen.

Beringmeier fordert deshalb möglichst jetzt eine verbindliche Haltungs- und Herkunftskennzeichnung. Dort wo Deutschland drauf stehe müsse auch wirklich Deutschland drin sein. Das gehe nur mit einer 5 x D-Regelung. Um das erfolgreich in der Praxis umzusetzen, bräuchten Landwirte die Unterstützung aus der Wirtschaft und Verlässlichkeit.

Der Konflikt wurde auf dem Fachforum klar: Silvia Bender, Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), forderte den Abbau der Tierzahl und dass die Tiere besser gehalten werden müssten. Am Ende soll auch mehr Wertschöpfung für die Landwirte dabei herausspringen. Jutta Jaksche, Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., sprach hingegen davon, dass 5 x D dem Verbraucher eigentlich noch nicht reiche. Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigend sollten die Futtermittel am besten auch noch aus Deutschland kommen, also 6 x D. Gleichzeitig könnte der Verbraucher die Mehrkosten aber nicht bezahlen. Und überhaupt, so Jaksche, würde sich doch auf EU-Ebene gerade mit der Farm-to-Fork-Strategie einiges tun, warum brauche es da noch eine rein deutsche Strategie?

Finanzierungskonzept für Umbau der Nutztierhaltung fehlt

Ein Finanzierungskonzept für den Umbau der deutschen Nutztierhaltung zeichnete sich auch in diesem Fachforum nicht ab. So sah es auch Beringmeier: „Wer zahlt denn den Umbau? Wir sind aus dem europäischen Wettbewerb jetzt schon raus und haben andere, höhere Auflagen zum Beispiel mit dem Wegfall der Werkverträge und dem Genehmigungsrecht.“

Würde es auf europäischer Ebene keine Wettbewerbsverzerrung in der Schweinehaltung geben, würde er sich weniger Sorgen machen. Aber so fehle ihm ein verlässliches Finanzierungskonzept des gesellschaftlich geforderten Umbaus. Landwirte könnten nicht die Ställe umbauen, ohne dass die Finanzierung gesichert sei. Wenn der Verbraucher den Umbau wünscht, dann müsse er den auch bezahlen.

Ziel sind geschlossene Wertschöpfungskreisläufe beim Fleisch

Laut Silvia Bender sei es schon Ziel des BMEL, in Deutschland geschlossene Wertschöpfungskreise umsetzen zu können. Auch wenn klar sei, dass das noch nicht in allen Bereichen möglich ist. Das Ziel sei jedoch anvisiert.

Zur Finanzierung würden verschiedene Optionen auf dem Tisch liegen. Bender könne sich auch eine Teilfinanzierung über die Energie- und Klimafonds vorstellen. Dabei würde das Ministerium, was die Haltungs- und Herkunftskennzeichnung angeht, definitiv das Rad nicht neu erfinden. Schließlich gäbe es schon viele gute Vorschläge.

Export der Tierhaltung ins Ausland verhindern

Als Sorge von der landwirtschaftlichen Seite wurde formuliert, dass Deutschland in die Marktdifferenzierung geht, die Produktion reduziert und die Regale dann von woanders aus Europa gefüllt werden. Das könne keine Option sein. „Wir exportieren die Tierhaltung, wenn wir die Herkunftskennzeichnung zu schwammig umsetzen“, sagte Beringmeier.

Außerdem dürften in Deutschland die Kriterien nicht immer weiter in die Höhe geschraubt werden. Es müsse auch umsetzbar bleiben. Sonst gehe es genauso wie mit den Legehennen und Brütereien, die ins Ausland verlagert würden.

Markus vom Stein, REWE Group Buying GmbH, ergänzte, dass es zum Beispiel mehr Dynamik bei den Genehmigungsverfahren bräuchte. Die in der Initiative Tierwohl (ITW) vereinigten Lebensmitteleinzelhändler möchten das Sortiment in den höheren Stufen ausbauen, bekämen aber derzeit gar nicht die Mengen, weil neue Ställe mit höheren Standards kaum genehmigt würden. Vom Stein bekannte sich aber grundsätzlich zu 5 x D. Deshalb brauche es eine schnelle deutsche Herkunftskennzeichnung über alle Produktionsstufen hinweg, also vom Ferkel bis zur Verarbeitung.

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